10 Jahre Allgemeinmedizinisches Institut

30 I Uniklinikum Erlangen PRO PRICARE-Projekt 2: ACE – unerwünschte Kaskadeneffekte Überversorgung beginnt oft mit nicht indizierten diagnostischen Prozessen, die zu Folgeuntersuchungen und -behandlungen führen können, sogenannten Versorgungskaskaden. Im Projekt wurden Behandlungswege von Patientinnen und Patienten mit Schilddrüsenproblemen und initialer früher Ultraschalluntersuchung beschrieben, um Auslöser, Verläufe und Ergebnisse der Versorgung zu verstehen. Die Ergebnisse sollen dazu beitragen, den Beginn von Überversorgungsprozessen zu identifizieren. Dazu wurden Daten von Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns analysiert sowie Interviews mit Ärztinnen und Ärzten sowie Patientinnen und Patienten durchgeführt. Die Analyse der Versorgungsdaten zeigte, dass viele Patientinnen und Patienten mit häufigen Folgeuntersuchungen einen nicht indizierten Schilddrüsenultraschall erhielten. In Publikation dazu: Hueber S, Biermann V, Tomandl J, et al. Consequences of early thyroid ultrasound on subsequent tests, morbidity and costs: an explorative analysis of routine health data from German ambulatory care. BMJ Open 2023;13(3):e059016. doi: 10.1136/bmjopen-2021-059016 Hafner L, Biermann V, Hueber S, et al. Short- and medium-term cost effects of non-indicated thyroid diagnostics: empirical evidence from German claims data. The European Journal of Health Economics 2021 doi: 10.1007/s10198021-01382-1 Karrer L, Zhang S, Kuhlein T, et al. Exploring physicians and patients´ perspectives for current interventions on thyroid nodules using a MCDA method. Cost Eff Resour Alloc 2021;19(1):26. doi: 10.1186/s12962-021-00279-3 Projektpartner: • Lehrstuhl für Gesundheitsmanagement mit Professur für Gesundheitsökonomie • Institut für Medizininformatik, Biometrie und Epidemiologie (IMBE) • Interdisziplinäres Zentrum für Public Health • GWQ ServicePlus AG • Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB). den Interviews zeigte sich, dass Versorgungskaskaden begünstigt werden, wenn patienten- und arztseitige Faktoren ineinandergreifen. Dazu gehören auf ärztlicher Seite die Einstellung zum Einsatz von Ultraschallgeräten, Organisationspragmatismus (Nutzen der Sprechstunde) sowie die Einstellung zur Wirtschaftlichkeit. Patientenseitig spielen der Leidensdruck und der Stellenwert der Krankheit im Leben eine Rolle. Auf beiden Seiten stellte sich eine Routine im Umgang mit Untersuchungen und Krankheit ein, die im Laufe der Zeit wenig hinterfragt wurde.

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